Im Oktober letzten Jahres haben wir uns den lang ersehnten Wunsch von einem eigenen Team für die ambulante Palliativ-Pflege erfüllt. Mit Pamela Menzel und Anna Kastenmüller haben wir zwei speziell ausgebildete Kolleginnen gewonnen, die dieses Leistungsangebot mit Fingerspitzengefühl aufbauen.
Heute beantworten sie uns Fragen und erklären, was ihre tägliche Arbeit ausmacht und was sie für ihre Patienten bedeutet. In diesem Beitrag: Anna Kastenmüller. Das Interview mit Pamela können Sie hier lesen.
INTERVIEW MIT Anna Kastenmüller, Allgemeines Ambulantes Palliativteam, Gesundheits- und Krankenpflegerin
Anna, wie kamst du zur Allgemeinen ambulanten Palliativ-Pflege?
Ich habe zunächst eine klassische Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin gemacht und bin irgendwann auf der Palliativstation gelandet. Hier habe ich die Arbeit mit den Menschen sehr zu schätzen gelernt und gespürt, dass ich diesen Menschen, die sich am Ende ihres Lebens befinden, etwas zurückgeben kann. Kleine Wünsche erfüllen, Symptome lindern, zuhören und Gespräche führen.
Den Auslöser für meinen Wechsel in die ambulante Palliativ-Pflege war die private Pflege meines Großvaters. Ich komme vom Land, da hat das Sterben in den eigenen vier Wänden eine ganz besonders hohe Bedeutung. Für mich stand außer Frage, dass ich mich von meiner Arbeit freistellen lasse und ihn auf seinem letzten Weg bei uns zuhause begleite.
Ich empfinde es als eine sehr erfüllende Erfahrung, wenn man es einem Menschen ermöglichen kann, zuhause in Frieden loszulassen und zu sterben. Nachdem ich das privat erleben durfte, war für mich klar, dass ich noch vielen Menschen die Möglichkeit geben wollte, in ihren eigenen vier Wänden palliativ betreut zu werden.
Viele Patienten, aber auch deren Angehörige, haben in dieser Situation den Wunsch nach Privatsphäre und nach Ruhe. Eine Palliativ-Station oder ein Hospiz können da nicht im gleichen Maße mithalten.
Welchen Beitrag leistest du für das Wohlbefinden der Patienten, die palliativ betreut werden?
Für mich sind das im Wesentlichen zwei Dinge: Zuhören und meine Unterstützung beim Loslassen. Gerade das Loslassen ist ein Punkt, der vielen Palliativ-Patienten sehr schwer fällt. Man braucht hier viel Empathie, um seinem Patienten die Zuversicht zu geben, dass er erfüllt und mit Zufriedenheit gehen darf.
Welche schöne Erfahrungen und besondere Momente hast du in deiner Arbeit erlebt?
Ich erinnere mich besonders an den Ehemann einer Palliativ-Patientin zurück, der sich hilflos gegenüber vielen Themen fühlte, mit denen er konfrontiert war. Es ging in diesem Fall um praktische, organisatorische Fragen zur Bestattung und Beerdigung, aber auch um die täglichen Situationen in der Pflege seiner Frau, die er mit mir besprechen konnte und die er Seite an Seite mit mir lösen konnte.
Aber oft treten Angehörige auch mit den verschiedensten Fragen an uns heran: Nachlassregelung, Familienprobleme, aber auch finanziellen Sorgen. Wir suchen dann Schulter an Schulter mit den Angehörigen nach Lösungen, helfen ihnen, indem wir ihnen aufzuzeigen, wohin sie sich mit ihren Fragen wenden können, sind für sie da und haben ein offenes Ohr.
Es ist ein schönes Gefühl, dass wir den Angehörigen Beistand geben, ihnen die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen und das Gefühl vermitteln, dass sie nicht allein sind. Die schönste Belohnung sind das Vertrauen und die Dankbarkeit, die wir von unseren Patienten und ihren Angehörigen entgegengebracht bekommen.
Darüber hinaus empfinde ich es als große Ehre, wenn ich einen Patienten auch im Moment seines Ablebens zur Seite stehen darf. Das ist nicht immer selbstverständlich, denn es gibt Patienten, die es vorziehen zu sterben, wenn sie allein sind. Andere möchten lieber in Anwesenheit einer Vertrauensperson oder bestimmter Familienmitglieder sterben, möchten in dem Moment, wo sie die Erde verlassen, nicht allein sein. Ich bin froh, wenn ich für meine Patienten in ihren letzten Stunden auf Erden da sein darf und ihnen Ruhe und Frieden schenken kann.
Vielen Dank, Anna!